Freitag, 15. November 2013

Album-Vorstellung: Hooverphonic "Reflection"

Hooverphonic
Im nächsten Jahr feiert Hooverphonics Debüt seine Volljährigkeit. Ganze 18 Lenze werden dann verstrichen sein, seit die Formation aus Belgien ihr Erstlingswerk "A New Stereophonic Sound Spectacular" auf den Markt brachte. Als in den Neunzigern der Bristoler Trip-Hop auf der britischen Insel groß wurde, lieferten Hooverphonic, als eine von wenigen nicht dort ansässigen Bands, den Beweis, dass auch das europäische Festland seinen Teil zur Festigung dieses neuartigen Genres beizutragen hatte. Und so begann der Ausflug durch die akustische Experimentierfreudigkeit. Im Laufe ihrer Karriere haben sich Hooverphonic dadurch ein recht breit gefächertes Repertoire anlegen können. Anstatt stets eingleisig zu fahren, wurden an wichtigen Knotenpunkten die Weichen für Erkundungstouren in neue musikalische Gefilde gestellt. Während der Fahrt sprang hier und da das eine oder andere Bandmitglied auf den rollenden Wagen auf oder von genau diesem wieder herunter. Alex Callier blieb dabei jedoch konstant jener Zugführer, der es vermochte, das Gefährt enthusiastisch durch die verschiedensten Klanglandschaften zu bewegen. An seiner Seite Raymond Geerts als treuer Schaffner. Mit Noémie Wolfs gesellte sich 2010 eine neue Sängerin zu der Kapelle, die sich, trotz einiger Beschwerden langjähriger Hörer, als würdige Nachfolgerin von Geike Arnaert (1997-2008) erweisen konnte. Dieser letzte Generationswechsel brachte schließlich die Alben "The Night Before" (2010) und das großartig inszenierte Best-Of "With Orchestra" (2012) hervor. Mit "Reflection" legt das Trio nun nach.


Reflection
Reflexionen und Spiegelungen, sie sind etwas nicht wirklich Greifbares. Wirken wie ein Schatten oder ein Schleier der Wirklichkeit. Hooverphonic widmen den Titel ihrer neusten Platte genau jenem bizarren optischen Schauspiel. Während Songs wie "Radio Silence", "Devil Kind Of Girl" oder "Wait For A While" erklingen, leuchten Erinnerungen an das 2002er "Hooverphonic Presents Jackie Cane" auf. Jene Scheibe, die einen massiven Umschwung im Stil der Belgier darstellte. Gleichzeitig durchtränken Spuren des Psychedelic Rocks beispielsweise den Track "Roadblock" und erwecken im Vorbeiziehen den Geist von "The President Of The LSD Golfclub" (2008) wieder. Mal lasziv verführerisch ("Copper (CU)"), dann ungewöhnlich infantil ("ABC Of Apology") und zum Finale hin strahlend schön ("The Clouds"), hält auch das achte Studioalbum Hooverphonics wieder einige Überraschungen bereit. Vorabsingle und Opener "Amalfi" wird da zum sensitiven Lufthauch, der sanft das Gehör streichelt, durch die Verbindungen zwischen rechter und linker Ohrmuschel saust und unwillkürlich ein seichtes Gefühl von Fernweh hinterlässt. Neben diesem sehr eigängigen Stück, das man schon nach wenigen Hördurchläufen vor sich herzusummen beginnt, bilden "Bad Weather" und "Erased" die Höhepunkte auf "Reflection". Beide Tracks werden von zarten Klavierkompositionen getragen und lassen der mittlerweile recht gereiften Stimme Noémies ausreichend Raum, um sich zu entfalten.
An die Produktion von "Reflection" knüpften Hooverphonic einige selbst erdachte Regeln. Zum einen einigte man sich darauf, alle Aufnahmen analog zu tätigen, um einen Gegenpol zur aktuellen Digitalisierung des Sounds zu schaffen. Auf der anderen Seite riefen die Musiker das Projekt "Hooverdomestic" ins Leben. Im Rahmen dessen konnten Neugierige ihr eigenes Haus zur Verfügung stellen, damit die Band dort ihre Songs einspielte. Eine in ein Loft umfunktionierte Ziegelbrennerei in Boom, zwei herrschaftliche Anwesen in Gent-Brugge und der Champagne, eine Farm in Kermt und eine Kirche wurden so zum Ort des Geschehens.
"Reflections" ist vielleicht nicht Hooverphonics markantestes, dafür aber definitiv eins der vitalsten Alben der Gruppe.



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