Donnerstag, 28. November 2013

Album-Vorstellung: Sumie "Sumie"

Sumie
Jede Jahreszeit verlangt nach ihrem ganz eigenen Soundtrack. Während die Blätter von den Kronen der Bäume in Richtung Boden segeln, graue Regenschauer regelmäßig den Asphalt der Straßen zum Glänzen bringen und die Kälte durch jede Ritze unserer Kleidung zu kriechen versucht, wünschen wir uns Geborgenheit. Das Licht schwindet mit jedem neuen Tag, hastet dem Zustand tiefster Dunkelheit entgegen und auch die Vögel, die uns sonst am Morgen oft mit ihrem Gezwitscher weckten, sind fort. Fortgezogen in wärmere Gefilde. Was bringt unsere Seele nun also noch zum Leuchten? Vielleicht das selbst betitelte Debütalbum der Schwedin Sumie Nagano. Die Sängerin mit japanischen Wurzeln hat sich nicht hetzen lassen. Gemütlich und doch tatkräftig feilte sie an den zehn Stücken, die nun gemeinsam unter dem Namen "Sumie" zu finden sind. Dabei erhielt die ältere Schwester der Little Dragon Frontfrau Yukimi Nagano tatkräftige Unterstützung. Gefühlspianist Dustin O'Halloran, Komponist Nils Frahm und Produzent Simon Raymonde halfen Sumie, die Soundskizzen, die sie bereits im Kopf hatte, behutsam auf Papier zu bringen und sie schließlich im Studio zum Leben zu erwecken. Nun wandeln sie wie Geister zwischen uns. Berühren uns sanft und hinterlassen einen angenehmen Schauer auf dem Trommelfell.

"Sumie"
Entgegen der eingängigen Elektropop-Nummern, die man von Yukimi und ihrem kleinen Drachen gewohnt ist, setzt Sumie bei ihrer Musik ganz bewusst auf subtile Gitarrensongs. Das mag für manch einen nach simpler Lagerfeuerromantik klingen, nur steckt dahinter doch wesentlich mehr. "Spells You" eröffnet eine Platte, die voll von klarster Schönheit ist. Gedanken und Träume dürfen auf "Sumie" mit ausgestreckten Armen durch endlose Weiten rennen und währenddessen zurück- oder vorausschauen, wie es ihnen beliebt. Zwischen den leise dahinrieselnden Tracks, wie dem ergreifenden "Never Wanted To Be" oder dem flüsternden "Hunting Sky", bleibt stets genug Raum, um nicht von überladenen Kompositionen erdrückt zu werden. Gestochen scharf erklingt gleichzeitig die Stimme einer Frau, die vollkommen in sich ruht und nun den Hörer zurückhaltend durch die eigenen mentalen Welten geleitet. Es steckt so unheimlich viel Liebe, so viel Fragilität und Grazie in Songs wie "Burden Of Ease", "Midnight Glories" oder "Show Talked Windows", dass dies fast zu Tränen rührt. Beeindruckend, wie manchmal weniger wirklich mehr sein kann. Eine nackte Eleganz, ein Hauch von greifbarer Klangobsession. Freunde und Bewunderer von Anna Ternheim oder Nina Kinert kommen hier voll auf ihre Kosten, wohingegen der Mainstream wohl kaum Notiz von diesem Schatz glänzender Songwriterkunst nehmen wird.


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