Freitag, 2. Mai 2014

Album-Vorstellung: Lykke Li "I Never Learn"

Lykke Li
Es ist schon eine Weile her, da machte ein junges Fräulein mit zuckersüßen Hymnen, denen man jedoch einen gewissen bitteren Nachgeschmack nicht absprechen kann, auf sich aufmerksam. 2008 eroberten Lykke Lis "Youth Novels" die Herzen und Abspielgeräte zahlreicher Hörer. Doch seitdem ist viel passiert. Unter den Fittichen von Peter Bjorn And Johns Björn Yttling entfaltete die Sängerin ein gewaltiges Potenzial, flog hoch hinauf in den Pophimmel und lieferte mit "Wounded Rhymes" (2011) einen fulminanten Nachfolger für ihr gefeiertes Debüt ab, der obendrein noch die internationale Hitsingle "I Follow Rivers" enthielt. Wie geht man nun mit dem Erfolgsdruck um, wenn alle Welt schon darauf wartet, dass man mit neuem Material erneut in den Ring steigt, um sich gegenüber seinen Konkurrenten zu behaupten? Lykke Li besann sich auf die Tatsache, dass sie es vermutlich nie allen recht machen können wird und fand mithilfe von Meditation und Poesie zurück zu sich selbst und zu den Geschichten, die noch in ihr schlummerten. Anstatt zudem auf die sich stapelnden Angebote von Produzenten und Plattenfirmen einzugehen, blieb sie ihrer bisherigen Arbeitsweise treu und kehrte zurück in die Arme von Björn Yttling, der gern ein weiteres Mal mit der hübschen Schwedin zusammenarbeitete. "Unsere Beziehung ist wirklich seltsam und mächtig zugleich. Wir kommen nicht immer miteinander klar. Er will mich oft in die eine Richtung ziehen, ich ihn in die andere. Wir kämpfen viel und treffen uns dann irgendwo in der Mitte. So entsteht ein guter Song. Wir fordern einander heraus.", verriet Lykke Li unseren Freunden von Pink-Pong jüngst in einem Interview.

"I Never Learn"
Insgesamt entstand jedoch nicht nur ein guter Song. Nein, "I Never Learn", das dritte Album der mittlerweile 28-jährigen Songwriterin, hält insgesamt neun Tracks bereit, die allesamt ihre ganz eigenen Reize haben. Wer allerdings ein weiteres "I Follow Rivers" auf "I Never Learn" zu finden versucht, wird recht schnell merken, dass Lykke Li sich von dem aufbegehrenden Revoluzzergeist ihrer "verwunderten Reime" verabschiedet hat, um zu einer pathoslastigeren Schwere überzusiedeln. Schon der Opener "Never Learn" hängt der anfänglichen Leichtigkeit, spätestens mit Einsetzen des Gesangs, ein paar melancholische Gewichte an. Lykke Li befindet sich in einem Alter, das in letzter Instanz das Erwachsensein einläutet - mitsamt all seinen Verpflichtungen und Gefühlszuständen. Was es bedeutet, eine Liebe zu verlieren, macht schließlich "No Rest For The Wicked" deutlich. In dem Stück singt sich Lykke Li von ihren Schuldgefühlen frei und setzt zu einem tiefen Atemzug an, in dessen Sog man sich nur allzu schnell verlieren kann. Auch "Just Like A Dream" besticht durch seine Weitschweifigkeit, die nahezu jeden Winkel der Traurigkeit ausleuchtet.
"Mit einem Fuß stand ich dann im Blues, während der andere an der Grenze zum Psychedelischen verortet war. Genau so sollte es sein, ich wollte stets, dass sich Bekenntnis und Traum vermischen."
So hinterlässt "Silver Line" einen transzendenten Eindruck und darf definitiv zu den Highlights auf "I Never Learn" gezählt werden. "Gunshot" hingegen wartet auf der Mitte des Longplayers mit einer düsteren Gewalt auf, die sich wie ein Schatten verbreitet und schließlich Feuer fängt. Nach jener Verwüstung baut der Lo-Fi-Track "Love Me Like I'm Not Made Of Stone" auf kargem Boden und erinnert an die vielen schönen Demos, die der eine oder andere vielleicht noch aus den Anfängen von Lykke Li kennt. "Never Gonna Love Again" bedient sich einer Soundästhetik, die fast an die der großen Schnulzen aus den Neunzigern heranreicht. Und auch "Heart Of Steel", mit seinem opulenten Chorgesängen im Refrain, hätte man normalerweise nicht unbedingt einer Lykke Li zugeschrieben. Doch sorgen bei jenem Song die geschickten Arrangements, welche sich durch den Einsatz vieler Percussions und nachhallender E-Gitarrenriffs auszeichnen, gerade noch für die Verankerung im Hier und Jetzt. Nach zwei nicht ganz so starken Nummern bildet aber "Sleeping Alone" ein sehr hübsches Finale. Sensibel und mit interessanten melodischen Wirrungen und Irrungen.
"I Never Learn" ist anders als das, was Lykke Li uns bisher präsentiert hat. Man merkt den Titeln der Platte an, dass sie der Feder einer gereiften Frau entstammen und so dürfen wir teilhaben an der Metamorphose der Lykke Li.

"Mein drittes Album zu machen, war meiner Meinung nach die schlimmste und beste Zeit zugleich."



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